Michelle Bachelet

Chile

Politikerin, Ärztin, Präsidentin Chiles

DAAD-Stipendium 1978

Michelle Bachelet

Michelle Bachelet

„Ich vereinige alle Todsünden Chiles auf mich“, sagt Michelle Bachelet, die vom März 2006 bis März 2010 als erste Frau das Präsidentenamt der als streng katholisch und konservativ geltenden Andenrepublik übernahm. Am 15. Dezember 2013 gewann sie die Präsidentschaftswahl erneut und ist seit dem 11. März 2014 im Amt. Doch nur auf den ersten Blick überrascht der Weg der Atheistin, die drei Kinder von zwei verschiedenen Vätern hat, zur ersten Frau im Staat. Mit der Wahl Michelle Bachelets brachten schon 2006 viele, vor allem jüngere Chilenen, ihren Wunsch nach einer moderneren Gesellschaft zum Ausdruck. Bachelet gilt als charismatisch, volksnah und durchsetzungsstark. Ihre Herangehensweise an die Politik beschreibt sie auf diese Weise: „Ich weiß, wie wichtig es ist, große Ideen konkret, praktisch, lebensnah umzusetzen.“ Schon in ihrer ersten Amtszeit war Bachelet sehr beliebt. Doch die chilenische Verfassung verbietet eine sofortige Wiederwahl. Im September 2010 wurde Michelle Bachelet Untergeneralsekretärin der Vereinten Nationen und Direktorin der neu geschaffenen Frauenorganisation „UN Women“, die sich weltweit für die Gleichberechtigung der Geschlechter und für die Stärkung der Rechte der Frau einsetzt. Lange ließ sie offen, ob sie in die Politik zurückkehrt. Erst im März 2013 kündigte sie ihre Präsidentschaftskandidatur an. Im Wahlkampf hatte sich die Sozialistin Bachelet für eine Reform des Bildungswesens und des Steuersystems sowie eine neue Verfassung stark gemacht. Im Sommer 2015 reagierte sie auf Studentenproteste und kündigte die kostenlose Hochschulbildung für mehr als die Hälfte der Studierenden an.

Die Wunden und Narben der Diktatur werden immer bleiben, und wir müssen lernen, mit ihnen zu leben.
– Michelle Bachelet

Michelle Bachelet wird 1951 in Santiago de Chile als Tochter des Luftwaffengenerals Alberto Bachelet und der Archäologin Angela Jeria geboren und wächst in verschiedenen Armeesiedlungen des Landes auf. Später tritt sie der „Sozialistischen Jugend“ bei und engagiert sich als Studentenführerin. Den Militär-Putsch im September 1973 erlebt sie vom Universitätsdach der medizinischen Fakultät aus. Ihr Vater, der nicht von Salvador Allende abrückt, wird gefoltert und stirbt wenig später an den Folgen. Im Januar 1975 verschleppen Geheimdienstkräfte Michelle und ihre Mutter in die berüchtigte Villa Grimaldi, wo man sie brutal verhört. Sozialistischen Funktionären gelingt es jedoch, mit Hilfe ausländischer Regierungen so viel Druck auf das Regime auszuüben, dass es Michelle und ihrer Mutter die Ausreise gestattet. Über Australien flüchten die beiden Frauen in die DDR. In Leipzig beginnt Bachelet im selben Jahr ein Germanistikstudium. Später heiratet sie den chilenischen Architekten Jorge Dávalos, den Vater ihrer beiden älteren Kinder, und setzt an der Humboldt-Universität Berlin ihr Medizinstudium fort. An ihrer Zeit in Deutschland schätzt sie, sich einer fremden Gesellschaft geöffnet zu haben: „Ich habe den Wert von Arbeit und Effizienz kennen gelernt.“ Nach vier Jahren in Deutschland kehren Michelle Bachelet und ihre Familie 1979 nach Chile zurück, wo sie drei Jahre später ihr Studium als Chirurgin mit einer Zusatzausbildung zur Kinderärztin beendet.

Nach dem Sturz Pinochets 1990 engagiert sie sich in Organisationen von Angehörigen der Diktaturopfer. Zwischen 1994 und 1997 arbeitet sie im Gesundheitsministerium, bis sie schließlich im Jahr 2000 von Präsident Lagos zur Gesundheitsministerin ernannt wird. Im Jahr 2002 – Bachelet hat Mitte der 1990er-Jahre Seminare über Strategie und Sicherheitspolitik in Santiago und in Washington besucht – übernimmt sie, die sozialistische Tochter eines ermordeten Generals, die Führung der chilenischen Streitkräfte. In kurzer Zeit und gegen viele Widerstände erwirbt sie sich deren Respekt und es gelingt ihr, die Aufarbeitung der Menschenrechtsverletzungen während der Diktatur entscheidend voranzubringen.

Stand: 2015-09-14