Welcome-Projekte in Zeiten von Corona: Engagement & Innovation

Die Studierenden Bahrollah und Miri treffen sich im Online-Meeting.

Außergewöhnliche Zeiten verlangen außergewöhnliche Maßnahmen, sagt man. Das gilt auch für die studentischen Initiativen des Welcome-Programms des DAAD. Innerhalb kürzester Zeit mussten die Projekte – in denen Studierende sich für Geflüchtete engagieren und diesen helfen, sich auf ein Studium vorzubereiten und an der Hochschule zu integrieren – ihr Programm ändern, um es an die durch Corona bedingte neue Situation anzupassen.

Engagement von Einzelnen

Das Engagement Einzelner sticht deutlich hervor. So näht beispielsweise eine Teilnehmerin der „Welcome@THGA“-Initiative Schutzmasken für das Deutsche Rote Kreuz, während zwei Absolventen des Programms „Perspektive AufsTEIGER“, die inzwischen als reguläre Studenten der THGA immatrikuliert sind, sich ehrenamtlich der „Taskforce 3D-Druck“ angeschlossen haben. Das Projekt stellt mit Hilfe der 3-D-Drucker der THGA und des Deutschen Bergbaumuseums einen Face-Shield-Gesichtsschutz, Surgical Mask Straps und einen Türöffner her, um diese Produkte anschließend Einrichtungen in Bochum zur Verfügung zu stellen. Zehn Drucker laufen in der Hochschule, 24 Stunden, sieben Tage die Woche; so können täglich bis zu 40 Produkte hergestellt werden. Angeschlossen ist die Taskforce an die bundesweit aktive Makerszene „#MakerVsVirus“. Das Druckzentrum wurde bereits vor Ostern eingerichtet – ganz spontan.

Schutzmasken im 3D-Druck.

Die Mitglieder der „Initiative Menschlichkeit“ der Universität Ulm engagieren sich ähnlich. In Kooperation mit dem Ulmer Verein „Freundschaft und Kultur“ werden selbstgenähte Masken verkauft, deren Erlös für die Arbeit im Flüchtlingscamp Moria auf der griechischen Insel Lesbos gespendet wird.

Eine ganz eigene Initiative haben auch sechs Studierende der HAWK gestartet: sie riefen kurzerhand ihr eigenes Projekt, „Ausländische Studierende der HAWK“, ins Leben. Über die Webseite der Stadt Hildesheim bieten die Studierenden ihre Hilfe an, außerdem sind sie aktiv in ihrem Bekanntenkreis. So unterstützen sie Kinder, die gerade Deutsch lernen, bei den Hausaufgaben und helfen Senioren und Seniorinnen, die keine oder kaum Sprachkenntnisse haben, beim Einkaufen oder bei Behördengängen. Genau diese Zielgruppe hat oft auch keinen Zugang zum Internet und kann daher nicht auf die Bürgerhilfe-Angebote zugreifen. Ein Netzwerk von Studierenden, die gut in der Stadt vernetzt sind, kann diese Menschen auffangen und in Zeiten der sozialen Isolation entgegenkommen.

Niemand ist allein

Die Gewinner des DAAD-Welcome-Preises 2019, die Initiative „Bunte Hände“ der Arbeitsstelle Migration der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, hatten schon bei ihrer Preisverleihung angekündigt, das Preisgeld für die Etablierung zwei neuer Projekte im Bereich des multilingualen E-Learnings und multilingualer E-Tutorials zu nutzen. Diese und weitere kreative Ideen tragen nun Früchte. Denn auch unter den veränderten Umständen bietet die Initiative weiterhin ein vielfältiges Unterstützungs- und Begleitprogramm für die Studierenden der HAW Hamburg an. So beraten Mitglieder online, nicht nur zu allgemeinen Fragen zum Studium, sondern auch zu besonders aktuellen Anliegen, wie etwa Studienfinanzierung.

Zudem entwickeln Studierende, gemeinsam mit der Arbeitsstelle Migration, Online-Lernmaterialien, die zur Stärkung der überfachlichen Kompetenzen eingesetzt werden sollen. Die Formate sind dabei vielfältig: WordPress, H5P, Screencasts, Podcasts und Filmelemente werden dabei genutzt. Da auch der soziale Aspekt nicht zu kurz kommen darf, hat die Initiative zudem einen Gruppenchat eingerichtet, der momentan über 250 Teilnehmende umfasst.

Die Mitglieder von "Bunte Hände" treffen sich online.

Dort werden neben wichtigen Informationen auch kraftspendende, motivierende und inspirierende Inhalte geteilt, wie etwa Lieder, Zitate oder eine Übung zur Konzentration und Entspannung. Auf diesem Wege kann trotz weitreichender sozialer Isolierung Kontakt hergestellt und gemeinsame Zeit verbracht werden. Das Ziel dabei ist, den Studierenden zu vermitteln, dass niemand allein ist – und die Rückmeldungen sind durchweg positiv. Für viele Teilnehmende sind diese Maßnahmen ein wichtiger Stabilisierungsfaktor.

Weitreichendes Engagement

Dabei finden die Maßnahmen keineswegs nur online statt. Das „festival contre le racisme Ulm“ wird zwar auf digitalem Wege veranstaltet – inklusive Videointerviews, einem Hackathon und einer Online-Ringvorlesung – doch auch abseits von PC und Tastatur wird viel gemacht. Die Aktion „Klangkost“ der Universität Ulm ist ein Beispiel dafür. Bei einer Suppenverteilungsaktion kochen die verschiedenen Initiativen der Hochschule hausgemachte Suppen und beschriften die Etiketten dieser Gläser mit Informationen über die Projekte, die sie anbieten. Zu den Initiativen der Hochschule gehören zum Beispiel auch eine Online-Ringvorlesung des „Bundesverband ausländischer Studierender“ oder Online-Lerntandems und Video-Treffen von der „Initiative Menschlichkeit Ulm“.

Offline funktionieren auch die „Zettel-Pakete“, die das Team von „mitStudieren“ der Universität Leipzig in Zeiten der Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen verteilt haben. Aufgaben zum Deutschlernen und mehrsprachige Informationsblätter über die Corona-Krise wurden dabei vor den Haustüren der Teilnehmenden verteilt und konnten so kontaktlos entgegengenommen werden. Zusätzlich engagiert sich die Initiative auch dafür, dass ein stabiler Internetzugang möglich ist: so setzen sie sich dafür ein, dass ein WLAN-Ausbau in Gemeinschaftsunterkünften und Belegwohnungen im Landkreis Leipzig möglich gemacht wird. Denn ohne eine funktionierende Internet-Verbindung ist weder Online-Lehre noch digitales Lernen möglich!

Zettel-Pakete der Initiative "mitStudieren Leipzig".

Auch „Medidus“, die Medizinische Flüchtlingshilfe Düsseldorf, wurde schnell aktiv. In einem eigenen Bereich der Website des Projekts findet jeder mehrsprachige Informationen zu COVID-19, denn „jeder Mensch sollte die aktuell prekäre Situation verstehen können“, heißt es dort. Deshalb gibt es ausführliches Informationsmaterial auf über 20 Sprachen; von Arabisch über Englisch und Polnisch bis hin zu Somali und Vietnamesisch. Die wichtigsten Fragen werden in dem Info-Flyer beantwortet: wie kann ich mich selbst schützen? Habe ich mich vielleicht angesteckt? Gibt es eine Impfung gegen die Krankheit? Was kann ich tun, wenn ich in einer Einrichtung mit vielen anderen Menschen wohne?

Zusätzlich engagieren sich die Medizinstudierenden bei der Betreuung von unter Quarantäne stehenden Asylsuchenden und Flüchtlingen. Sie agieren als Ansprechpartner und -partnerinnen und beobachten den Gesundheitszustand der Bewohnerinnen und Bewohner – sowohl körperlich als auch psychisch. Auch ein Einkaufsdienst für diejenigen, die aufgrund der Quarantäne die Unterkunft nicht verlassen dürfen, wurde eingerichtet. So wird die Nahrungsmittelversorgung sichergestellt.

Das ungebrochene Engagement und auch die Bereitschaft, neue Wege zu gehen, sind bemerkenswert, genau wie die verschiedenen Arten, in denen die Studierenden, Teilnehmenden und Geflüchteten einander unterstützen können und Möglichkeiten finden, in Kontakt zu bleiben. Der ununterbrochene Austausch trotz zu überwindender Hürden und die Gemeinschaft, die dabei geschaffen wird, wird in Zukunft weiter wachsen und auch in der Zeit nach Corona bestehen bleiben.